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Neue Heimat für PC-Pools geplant

erstellt von Jan Leendertse Veröffentlicht 22.03.2017 10:30, zuletzt verändert: 22.03.2017 10:30
Das Gebäude in der Werthmannstraße 4 wird umgebaut. Das Rechenzentrum strebt eine Verwendung als PC-Pool für die Uni an.

Informationstechnologie gehört wie Stift und Papier zum wissenschaftlichen Erkenntnisprozess. Es ist naheliegend, sie auch in Prüfungssituationen zu verwenden. Statt mit dem Füller Klausurbögen zu beschriften, sollen Prüflinge ihre Lernfortschritte vor Tastatur und Monitor beweisen.

So mussten in der letzten Februarwoche Studenten zeigen, ob sie mit dem Statistikprogramm RStudio aus echten Finanzdaten praxisnah Aussagen gewinnen können. Herr Dr. Hammerstein von der Abteilung für Mathematische Stochastik hat in enger Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum der Universität Freiburg eine E-Klausur vorbereitet, die mit bwLehrpool auf die Rechnern im Klausurraum verteilt wurde. Die Klausurteilnehmer fanden sich nach dem Login vor einer Softwareumgebung mit RStudio und einem abgesicherten Dateisystem zum Speichern der Lösungen wieder. Elektronisches Schummeln war nicht möglich, da jeder Prüfling nur das eigene Abgabeverzeichnis nutzen und - in diesem Falle unabdingbar - nicht im Internet suchen konnte: Übrig blieb nur Googeln im eigenen Hirn. Klausurort war ein in den speziell abgesicherten bwLehrpool-Prüfungsmodus geschalter PC-Pool im Rechenzentrum in der Hermann-Herder-Straße.

Dieses Beispiel zeigt, dass PC-Pools immer noch wichtig sind, obwohl praktisch jeder Studierende über einen eigenen Rechner verfügt. Auch sonst haben sie ihre Berechtigung, wie der Belegungsgrad manchen Pools zeigt; andere Poolräume scheinen jedoch nur gering ausgelastet zu sein.

Flexible Lehr- und Lernumgebungen

Eine konkrete Antwort ist das vom Rechenzentrum Freiburg in Kooperation mit der Hochschule Offenburg entwickelte Projekt bwLehrpool. In diesem Landesprojekt wurde eine Architektur geschaffen, in der Standard-Hardware mit virtualisierten Lernumgebungen oder individuellen Desktop-Umgebungen bestückt werden kann. Mit bwLehrpool lassen sich auch normalerweise lokal bootende Windows-Rechner für den Tagesbetrieb kurzfristig für Veranstaltungen auf fachbezogene Lehrumgebungen oder für E-Klausuren auf abgeschottete Prüfungsumgebungen umrüsten, da bwLehrpool ohne jede Änderung an lokalen Datenträgern per Netzwerk gebootet werden kann. Die Vorlagen für die virtuellen Umgebungen können zentral vorbereitet und verwaltet und auf Wunsch vom Lehrpersonal auf eigene Bedürfnisse angepasst werden. bwLehrpool wird im Rechenzentrum und an vielen anderen Standorten eingesetzt und hat seine Praxistauglichkeit seit mehreren Jahren bewiesen.

E-Klausuren lassen sich in der Werthmannstraße 4, die zur Zeit umgebaut wird, in einem ganz anderen Maßstab als in den Poolräumen des Rechenzentrums organisieren. Nach dem Umbau bietet das Gebäude Platz für bis zu 150 Teilnehmende, die unter kontrollierten Bedingungen an einem Ort Klausuren ablegen können, die schneller als Papierversionen korrigiert werden können und dennoch alle rechtlichen Anforderungen erfüllen. Alle Teilnehmenden finden gleichartige Bedingungen vor, die juristisch belegbar dokumentiert sind, und haben gleiche Zeitvorgaben. Falls eine Station ausfällt, kann die Prüfung technisch an einem anderen Platz fortgesetzt werden. Der Ablauf von E-Klausuren ist vorher mit dem Rechenzentrum zu regeln, um die Erfüllung der rechtlichen Vorgaben sicherzustellen.

Lage, Lage und Lage - Poolräume in der Stadt

Die zentrale Lage der Werthmannstraße 4 in Rufweite der Universitätsbibliothek würde ein hohes Aufkommen an Laufkundschaft für den alltäglichen Betrieb sichern. Da bwLehrpool ortsunabhängig fachbezogene Lehrumgebungen in zentralen Repositories vorhält und an beliebigen Orten - nur eine schnelle Netzanbindung und Standard-Hardware wie der bwPC werden benötigt - ausspielt, kann jede Einrichtung der Uni hier Ressourcen buchen, sofern Images zum Einspielen vorbereitet sind. Das Rechenzentrum wird mit Beratung vor Ort sein.

Diese Flexibilität funktioniert ebenso in die andere Richtung. Virtuelle Abbilder lassen sich in anderen Pools des Uninetzes weiterverwenden, beispielsweise den Pools der Universitätsbücherei, der Biologischen Fakultät, des KG II, der Fakultät für Umwelt, der Bibliothek der Chemie u.v.m. Ein weiteres Überlaufbecken ist mit 60 Poolplätzen das Rechenzentrum selbst. Die Universität schafft damit die Voraussetzungen, steigende Zahlen von Studierenden mit digitalen Lernumgebungen campusweit zu verarbeiten.

Einer der größten Veranstalter, der Poolräume für die Lehre nutzt und vom Umbau profitiert, ist mit über 80 Veranstaltungen und 1.200 Teilnehmenden das Zentrum für Schlüsselqualifikationen (ZfS).

Hardware und Software entkoppeln

Ein Ziel des bwLehrpool-Poolkonzeptes ist, den Austausch des Hardwarebestandes zu verstetigen. Zum Einsatz kommen Mini-PCs aus dem Beschaffungsvorhaben bwPC, die durch den landesweiten Umfang der Ausschreibung konkurrenzlos günstig sind. Die technischen Spezifikationen sind durch tausendfachen Einsatz bekannt und bieten im Zusammenspiel mit bwLehrpool einen ausgereiften und stabilen Einsatz.

Im Alltag tauchen problematische Grafikkarten oder defekte Speicherriegel kaum noch auf, wenn dennoch notwendig, werden Mini-PCs durch baugleiche aus dem Bestand ersetzt. Die eigene Umgebung einer Studierenden ist nicht auf einer lokalen Maschine gespeichert, die an einem bestimmten Ort unter dem Tisch steht, sondern ist in einem Repository zentral abgelegt und mit dem Login verknüpft. Sobald Username und das Passwort für den Login irgendwo in einem Poolraum im Netz der Uni Freiburg eingegeben werden, landet die individuelle Umgebung auf dem Pool-PC, vor dem die Studierende sitzt. Für sie ist es unerheblich, ob es sich beim verwendeten Arbeitsrechner um den neuesten Mini-PC aus dem bwPC-Beschaffungsprojekt oder eine ältere Maschine kurz vor Außerdienststellung handelt. Damit ist die Beschaffung von Hardware und Software voneinander entkoppelt und erleichtert den Einkauf dieser Komponenten, die sonst von Herstellern gern im Block verkauft werden. Lokale PC-Räume benötigen keine Administratoren mehr, die in schlecht ausgelasteten Pools von Tastatur zu Tastatur gehen und mühsam unter Zeitdruck eine Veranstaltung mit Spezialsoftware vorbereiten, falls es überhaupt einen Administrator gibt und sich die Dozierende nicht doch selbst darum kümmern muss. Für bwLehrpool als Software-Architektur und den Unterhalt der Hardware hat das Rechenzentrum eine feste Stelle mit hoher Kontinuität eingerichtet. Randzeiten bis 20.00 Uhr sind zusätzlich von studentischen Hilfskräften abgedeckt. Auch Wochenendzeiten, etwa für Blockseminare, lassen sich bei Bedarf personell abdecken. Die Grundausstattung kann verbessert werden, wenn die Fakultäten das Poolprinzip auch bei der Personalplanung anwenden und ihren Anteil mit einbringen. Das Modell nimmt auch Teilzeitstellen von unter 0,5 Vollzeitäquivalenten flexibel auf. Beteiligte Einrichtungen tragen mit ihren Ressourcen dazu bei, einen stetigen Service mit langen Öffnungszeiten und hoher Qualität anzubieten, von dem sie selbst und besonders die Studierenden profitieren.

Konzentration auf Fachinhalte

Der Fertigstellung des Umbaus ist für den Februar 2018 geplant. Mit der Nutzung der Werthmannstraße 4 als PC-Pool erhielten die Fakultäten Flexibilität zurück, die ansonsten in fachfremder Infrastruktur gebunden ist. Die Expertise beim Einsatz von Fachsoftware wie bildgebende Verfahren in der Medizin, numerische Kalkulationen in Materialwissenschaften oder Auswertung von Textkorpora durch Linguisten lässt sich für Studierende und Wissenschaft gewinnbringend in zentralen Repositories ansammeln und langfristig fruchtbar machen. Mit bwLehrpool sind Lehr- und Lernumgebungen, in denen spezielles Softwarewissen eingeflossen sind, in allen Pools anwendbar, die leistungsfähig an das Uninetz angeschlossen sind und die Minimalkonfiguration aufweisen, und zwar unabhängig von der Hardware. Das Rechenzentrum strebt in der Werthmannstraße 4 einen Service an, mit dem IT-gestützte Lehre und Forschung weiter voranschreitet und der zu einem wesentlichen Baustein der IT-Gesamtstrategie werden soll.

Jan Leendertse, Christian Rößler, Dirk von Suchodoletz

Referenzen

Projektseite bwLehrpool:
https://www.bwlehrpool.de/doku.php

Projekt E-Klausuren an der Uni Freiburg:
https://www.rz.uni-freiburg.de/projekte/bweklausuren

Spezifikationen Standard-Hardware:
https://www.bw-pc.uni-freiburg.de Service

E-Klausuren:
http://www.rz.uni-freiburg.de/services/elearning/ek

Karte zur Werthmannstraße 4:
http://www.openstreetmap.org/#map=18/47.99348/7.84420

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